Manoel Fernandes
Manoel Pereira Fernandes, ein in Rio ansässiger Portugiese, kam in das imposante Anwesen mit Hausnummer 388, Rua São Clemente, im Jahre 1969. In der damaligen Residenz des amerikanischen Botschafters sollte er die Aufgabe des Butlers wahrnehmen. Dieses Anwesen verließ er erst dreißig Jahre später, als seine Dienstzeit an der Deutschen Schule Rio de Janeiro als Hausmeister im Jahre 1999 endete und er in den Ruhestand ging.
Als die Schule ihr 50-jähriges Jubiläum feierte, stattete Herr Manoel der Schule einen Besuch ab und traf sich mit drei Mitarbeiterinnen, die seine Dienstzeit in der Schule miterlebt haben: die Lehrerin Maria Inez Motta, die Schulverwalterin Doris Merz de Souza und die deutsche Verwaltungsassistentin Julia Hundertmark. Gemeinsam besuchten sie das geschichtsträchtige Anwesen und teilten Erinnerungen an die wichtigsten Gegebenheiten dieser Zeit.
Herr Manoel ist im November 1927 im Bezirk Viana do Castelo, im Norden Portugals, geboren. Die Suche nach besseren Lebensbedingungen führte ihn dann im Jahre 1952 nach Brasilien. Er fand sofort eine Stelle im Hotel Glória, in Rio de Janeiro, als Roomboy. Von dort wechselte er dann ins Hotel Miramar.
Dies war der Beginn einer langen Karriere. Zu Beginn der darauffolgenden Dekade wurde er auf Empfehlung eines Freundes im Hause von Juscelino Kubitschek angestellt, dessen Amtszeit als Präsident soeben geendet hatte. Er verblieb beim ehemaligen Präsidenten sogar während seines Exils in New York. Er kündigte diese Stelle erst dann, als ihm die Stelle des Butlers in der Residenz des amerikanischen Botschafters in Rio de Janeiro angeboten wurde. So begann die lange Dienstzeit in diesem Hause, das zum Sitz der Deutschen Schule Rio de Janeiro geworden war. Herr Manoel erzählte den Mitarbeiterinnen der Schule, dass seine Ehefrau Fernanda und er ihren Dienst in diesem Hause im September des Jahres angetreten hatten, in welchem der damalige Botschafter der Vereinigten Staaten, Charles Burke Elbrick, von Aktivisten und Gegnern der Militärdiktatur der im Jahre 1964 durch einen Putsch an die Macht gekommenen Militärregierung entführt worden war. Elbrick wurde am 4. September in der Rua Marques entführt, nur wenige Meter von seiner Residenz entfernt, da er jeden Tag die Strecke von seinem Hause bis zur Botschaft im Stadtzentrum mit dem Auto fuhr. Obwohl die Stadt Brasília wenige Jahre zuvor eingeweiht worden war, hatten die meisten Auslandsvertretungen ihren Sitz noch nicht in die neue Hauptstadt verlegt.
Der Diplomat wurde wenige Tage später freigelassen, am 7. September, nachdem die Regierung die Forderungen der Militanten erfüllt hatten, nämlich die Freilassung von 15 politischen Gefangenen und deren Transfer nach Mexiko. Die Militanten ließen Elbrick in einer Straße im Stadtteil Tijuca frei, in der Nähe des Maracanã-Stadiums, genau zu dem Zeitpunkt, an welchem die Zuschauer nach Spielende das Stadium verließen. Er wurde von einem Taxifahrer erkannt und nach Hause gebracht.
Nach der ersten Panik passten sich Manoel und Fernanda dem Alltag der Residenz an, nachdem sie 1970 nach der Ablösung von Botschafter Elbrick durch seinen Nachfolger William Manning Rountree am gleichen Ort geblieben waren. Das Paar lebte in einem Raum im dritten Stock der Villa und sorgte dafür, dass alles gut lief, an dem Ort, an dem Partys und Empfänge stattfanden.
Manoel erinnert sich, dass das Viertel Botafogo zu dieser Zeit die Heimat mehrerer Botschafterresidenzen war. Neben dem Land, in dem sich die Schule heute befindet, befand sich das Haus des britischen Vertreters, mit dem man über eine Leiter am unteren Ende des Innenhofes kommunizieren konnte.
Herr Manoel erzählte auch, dass der Sitz der amerikanischen Botschaft dann letztendlich nach Brasília verlegt worden war, und dass mehrere Interessenten versucht hatten das schöne Anwesen zu erwerben. Nach vielem Hin und Her wurde letztendlich ein Vertrag mit der deutschen Regierung geschlossen, die auf der Suche nach einem Gebäude für die Deutsche Schule Rio de Janeiro gewesen war. Damals war die Schule auf mehrere kleine Häuser im Stadtteil Urca verteilt gewesen. Die Verhandlungen wurden in jenem Saal geführt, der heute das Lehrerzimmer ist.
Die amerikanische Botschaft hatte Herrn Manoel angeboten mit nach Brasília umzuziehen, aber bei den vielen Besuchen der neuen Hauptstadt entschied er sich doch lieber in Rio zu bleiben. Und so beschloss er seine Karriere als Butler für die Amerikaner zu beenden und wurde glücklicherweise von der Deutschen Schule übernommen.
Die darauffolgenden Jahre beinhalteten zahlreiche bauliche Anpassungen, sodass die ehemalige Residenz in eine Schule umfunktioniert und Klassenzimmer, eine Bibliothek und alle weiteren für einen gewöhnlichen Schulbetrieb erforderlichen Räumlichkeiten eingerichtet werden konnten. Während seines Besuches ging Herr Manoel durch die Räumlichkeiten des 3. Stockwerks, und erinnerte sich dabei an die damaligen Einrichtungen.